Wieder zu Hause

von Reike

Heute wird unsere Schwedenreise zu Ende gehen. Vor drei Monaten sind wir aufgebrochen, um uns als Familie eine kleine Auszeit zu gönnen, der Corona-Pandemie zu entfliehen und unser Fernweh zu stillen. Eigentlich sollte es Südsee werden. Doch die Ausreisebeschränkungen haben uns kurzfristig alle Fernreiserouten versperrt. Na immerhin auch was mit S. Mit unseren beiden Söhnen, unserem Ford Fokus und vier Fahrrädern auf dem Dach machten wir uns auf in ein großes Abenteuer.

Heute wird uns die Trelleborg-Rostock-Ostseefähre zurück nach Deutschland bringen. Wie am Ende jeder längeren Reise, vermischen sich auch jetzt für uns Fernweh und Heimweh auf bemerkenswerte Weise. Den Jungs fällt ein, dass sie noch gar nicht ihre Flaschenpost geschrieben hatten. Der Plan war ja, sie auf der Fährrückfahrt beim Postamt der Ostseefische aufzugeben, weil die Flaschenpost so die größte Chance bekäme, in ein fernes, fernes Land gespült zu werden. Mindestens Dänemark. Also holen wir schnell Stifte und unsere zuvor präparierten Schatzkartenblätter hervor. Die Köpfe der Jungs qualmen. Sie setzen sich merklich unter Druck, um wirklich in sich stimmige Geschichten zu Piratenpapier zu bringen. Ivo möchte eine falsche Adresse angeben, erhöht irgendwie seinen Nervenkitzel. Nante will am liebsten eine Antwort erhalten und gibt die richtige Anschrift an.

Masken trägt zu dem Zeitpunkt kaum einer der Fährgäste. Auf dem Schiff wird auch nochmal der Konflikt zwischen dem deutschen und dem schwedischen Umgang mit Corona deutlich. Während man im schwedischen Shop und Restaurant auf der Fähre keine Maske tragen braucht, kommt man in die deutschen Pendants ohne gar nicht erst herein. Eigentlich auch interessant. Denn auf unserer Reise haben wir die Schweden genauso diszipliniert erlebt, wie unsere Landsleute in der Heimat, dabei aber auch wenige schwedische Städter erlebt.

Als die deutsche Küste in Sicht kommt, trocknen die letzten Tintenworte. Unsere letzten schwedischen Kronen verschwinden für die Zeche. Die Post verschwindet in den Flaschen, die Jungs aufs Oberdeck. Gerade rechtzeitig vor Rostocks Hafeneinfahrt geht die Flaschenpost auf seine Reise. Wir haben ablandigen Wind. Es könnte klappen.

Mit einem quietschebunten Riesenrad vor Postkartenkulisse empfangen uns bei untergehender Sonne die uns so sehr vertraute Mole und etliche Seegelboote.

Die Nacht verbringen wir bei unseren Eltern in Rostock, bevor es die letzen gut 200 Kilometer gen Süden nach Hause geht, wo wir abermals bei schönstem Sommerwetter mit untergehender Sonne eintrudeln. Sein zu Hause nach mehreren Monaten erstmals wiederzusehen, fühlt sich besonders an. Man versucht gleichermaßen Vertrautes und Fremdes zu orten, ist irgendwie aufmerksamer als im Alltag.

In den letzten Minuten vor Ankunft kommt den Jungs plötzlich die Erinnerung an einzelne Spielzeuge, die sie nicht vermisst haben, sich jetzt aber doch besonders auf sie freuen. Wir reflektieren, wie leicht man auch länger mit wenig auskommt. Anne und ich sprechen über unseren Wunsch, uns von vielen unserer Habseligkeiten trennen zu wollen. Entrümpeln, nicht nur Materielles.

Wir schaffen kaum, die Sachen herein zu tragen. Alle schlafen schnell tief und fest im altvertrauten eigenen Bett. Woher kommt diese Erschöpfung? Egal. Schön, zu Hause zu sein.

Am nächsten Tag dauert es nicht lange, bis der erste Neugierige Besuch die Heimkehrer besucht. Es wird kräftig gebastelt und dabei auch schon ordentlich ausgerümpelt. In den kommenden Wochen wird rund ein Viertel unserer Habseligkeiten zum Verschenken rausgestellt. Ein gutes Gefühl, beim nach Hause kommen unnötigen Plunder gegen schöne gemeinsame Erinnerungen einzutauschen.

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