Kringelängen (13. bis 18.06.2020)

von Reike

Unnaryd war eine tolle Etappe. Wir mochten das Örtchen sehr, welches uns zeitweise wie eine einzige riesige Lupinenwiese vorkam, die nur selten hier und dort von einem Fallun-roten Häuschen unterbrochen war. Nur das Baden kam bei den nie über 20 Grand steigenden Temperaturen deutlich zu kurz.

Wir wissen noch nicht recht, was uns in unserer nächsten Unterkunft in Kringelängen erwarten sollte. Das Häuschen, ebenfalls eine AirBnB-Unterkunft, hatte noch keine Bewertungen – maximales Risiko. Allerdings sind häufig nur so in unserer Buchungsmentalität noch Unterkünfte zu haben. Wir buchen am liebsten last minute. Also, ultra last minute. Zum Beispiel den Abend vor der Abreise. Gelegentlich auch später.

Der Beschreibungstext der nächsten AirBnB-Hause war jedoch sorgfältig ausformuliert, was, so sagt uns unsere Erfahrung, häufig auch mit der Sorgfältigkeit bei der Reinlichkeit der jeweiligen Unterkunft zusammenläuft. Unsere Hoffnung stimmt dieser Arbeitsthese zu. Und ein See sollte auch in unmittelbarer Nähe sein. Der Wetterbericht korrigierte die Tempeturzahlen der kommenden Tage alle paar Stunden nach oben. Und so sind wir einigermaßen erwartungsvoll.

Kurz vor der Ankunft – das Navi zeigt noch 14 Kilometer – durchqueren wir das Städtchen Kisa. Nicht supercharming, aber mit deutlich umfangreicherer Infrastruktur als alle bisherigen Orte. Wir würden uns Kisa später noch genauer anschauen.

Ganz leicht ist unsere Unterkunft jedoch nicht zu finden. Die Koordinaten waren nicht akkurat bei AirBnB hinterlegt. Schließlich finden wir es aber doch. Gunnar und seine Frau empfangen uns bereits. Noch aus dem Auto blickend sind wir uns jedoch nicht sofort sicher, ob wir wirklich richtig sind. Das Grundstück ist riesig, vielleicht 30.000 qm, und von einer Seite durch eine riesige Wildwiese eingerahmt, von der anderen Seite durch einen kleinen See. Es befinden sich zwei Wohngebäude und mehrere Nebengebäude auf dem Grundstücke, aber keines erkennen wir von den AirBnB-Fotos wieder. Irgendwie sieht auch alles ein wenig „zu schön“ aus, um zu der AirBnB-Anzeige zu passen. Aber nach der Begrüßung durch Gunnar ist jeder Zweifel ausgeräumt – hier sollten wir für die kommenden Tage bleiben dürfen.

Die Sonne scheint und wir haben erstmals Temperaturen über 20 Grad Celsius. Der Foki steht gerade in finaler Parkposition, der Motor ist noch nicht ganz aus, da sind bei den Jungs schon die Klamotten vom Leib gerissen und wir sehen sie nur noch von hinten, springend und kreischend vor Freude, in Richtung See davon stürmen.

Vom Haus aus hatten wir guten Blick auf die Badestelle.

Außer Baden ist nicht mehr viel drin an diesem Tag. Nach der langen Autofahrt ist das aber auch völlig in Ordnung.

Ich habe noch immer mit den Bissen der Gnitzen zu kämpfen, welche ich mir in Unnaryd zuzog. Eine Inventur ergibt nun 101 Bisse. Ätzend, wenn das Gesicht permanent juck. Kleiner Wermutstropfen: Im Spiegel sehe ich wieder aus wie 16. Naja, zumindest meine Stirn 🙂

Es ist herrlich so zu frühstücken. Schon morgens 22 Grad. Nackte Füße auf angenehm kühlendem Rasen. Blick auf den See.

Um uns herum kreisen permanent zwei Husqvarna Rasenmähroboter. Der 430x und für die steilen Passagen noch ein 435x AWD. Die Schweden sind sowieso alle irgendwie rasenmähverrückt. Und so wundert es nicht sonderlich, dass überall automatische Schnitthilfen fleißig ihren Dienst verrichten. In Kringelängen entdecken wir unterdessen die meditative Wirkung, welche das Beobachten von Mährobotern haben kann.

Es ist wie Feuer gucken. Man kann sich stundenlang darin verlieren. Es dauert nicht lange, und wir nehmen die beiden Roboter – Schildies, wie wir sie auf Grund ihrer Form taufen – wie selbstverständlich wahr. Wir unterbrechen nicht ein mal mehr ein Gespräch, wenn sich von hinten leise surrend einer der beiden nähert, sondern heben nur wie automatisch ein Bein an, um den Weg frei zu machen.

Vor allem der Husqvarna 435x AWD macht dabei auch noch als Maschine einiges her. Mit seinem akkuraten, breiten Schnitt, dem starken Allradantrieb und der superbeweglichen Hinterachse ist er eine Schau. Fehlen nur noch Alufelgen.

Doch nicht nur draußen ist es hier echt schön. Auch das Haus selbst gefällt uns sehr gut und übertrifft sogar die Erwartungen, welche wir auf Grund der AirBnB Fotobeschreibung entwickelt hatten.

Das alte Bauernhaus wurde liebevoll restauriert und viele der Details sind erhalten geblieben. Küchengeräte und Bad sind neu und es ist noch ein toller Wintergarten ergänzt worden, worunter der Charme des Hauses nicht im geringsten gelitten hat.

Eine alte Wetterstation an der Wand erregt meine Aufmerksamkeit. Bei genauem Blick entdecke ich, dass es in der DDR hergestellt worden ist. Wie mag es hier her gekommen sein?

Die hohen Temperaturen halten sich um die 25 Grad stabil und damit verbringen wir die kommenden Tage vor allem mit Baden, Baden und Baden.

Gelegentliche Notfälle, wie ein vom Wind abgetriebener Wasserball oder eine durch übertrieben eifriges Toben eingerissene Badematratze (naja, eigentlich eine stinknormale Luftmatratze fürs Zelten) lösen wir mit Bravur auf.

1..
..2..
..3 – gefixt.

Es ist noch einiges an Material für die Hausschule offen und es fällt uns nicht immer leicht, diszipliniert zu sein und jeden Tag unsere 2×2 Stunden durchzuziehen. Dafür nutzen wir jede sich bietende Gelegenheit, ungeplante Naturentdeckungen oder handwerkliche Tätigkeiten anschaulich in das Curriculum einzubauen. Nante gönnt sich eine Pause von der Sonne und schreibt seinen ersten Blog-Post über den abenteuerlichen Pool-Bau im Wald.

Und daraus soll mal ein Frosch werden? Gut zu erkennen sind schon die einzelnen Zehen.

Gummi flicken, Kaulquappen betrachten, Pflanzenkunde und so weiter. Besonderen Spaß macht uns auch der Bau von Katschis, wie ich sie noch aus meiner eigenen Kindheit in bester Erinnerung trage.

Zu gerne würde ich hier auch angeln. Aber nach meiner erfolglosen Würmersuche in Unnaryd bin ich ohne passende Köder erstmal aufgeschmissen.

Glücklicherweise finde ich im nahen Kisa ein Geschäft, welches neben Badespielzeug, Fährräder, Unterwäsche und Küchenkeramik auch Würmer führt. Ohne mich über das illustre Sortiment im Geringsten zu wundern, nehme ich dankbar eine Packung Dendrobenas.

Mit den passenden Ködern lässt der erste Fang nicht lange auf sich warten..
..Abendbrot gesichert.

Gelegentlich gehen unsere Vorräte zur Neige und treiben uns in den nächsten Supermarkt. Diese Ausflüge sind uns sehr willkommen, bedeuten sie für uns doch häufig den einzigen Austausch mit anderen.

Typischer Einkaufskorb bei unseren schwedischen Einkaufsausflügen: Pfeffernüsse, Ketchup (für Spaghetti), Blaubeerensuppe (Blåbärs Soppa) mhh lecker, etwas Obst und weicheres Klopapier.

Wir genießen die sonnigen Tage sehr und tanken alle auf. Das Wetter erlaubt uns, fast unsere gesamte Wachzeit draußen zu verbringen, meist barfuß und wann immer es geht im, am, auf oder unter Wasser.

Wer viel badet muss auch lecker essen.

Mit unseren Gastgebern haben wir selten, dann aber sehr schöne Gespräche. Gunnar ist Rentner, gelernter Elektriker, „irgendwie“ über mehrere Stationen zum leitenden Angestellten eines großen schwedischen Energiekonzerns geworden und hat schließlich dieses Stück Land, auf dem wir jetzt so erholsame Tage verbringen, von seinem Vater übernommen. Wir sprechen coronabedingt sehr selten mit Menschen auf unserer Reise, genießen jedoch oder gerade deshalb jedes Gespräch sehr und saugen seine Einzelheiten intensiver auf, als es im hektischen Alltag zu Hause zumeist möglich ist.

Mit Eifer und Fantasie kombinieren wir am letzten Abend und Morgen unsere noch verbleibenden, nicht-reisefähigen Nahrungsvorräte. Bei der Abreise war genau eine, kleine Tüte im Beifahrerfußraum für Snacks eingeplant und weil wir den Innenraum des Foki maximal ausgereizt haben, darf nicht mehr als das mitgebrachte mit auf die Weiterreise gehen, und wenn doch, zum hohen Preis der Ungemütlichkeit. Das Prozedere des Ein- und Auspackens wird uns mehr und mehr zur Routine.

Als nächstes gehts nach Öland, der „Sonneninsel“ Schwedens, und wir sind gespannt, was uns dort erwartet.

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